Die schlichte Sepia-Aufnahme stammt aus dem Jahr 1916 und ist aus verschiedenen Gründen bemerkenswert. Sie zeigt das frisch verheiratete Brautpaar Wilhelm und Helene Kaisen. Fotografiert wurde sie von Henry Frank, dem Inhaber des jüdischen Fotoateliers Julius Frank in Lilienthal.
Vier Jahre nachdem sich Helene Schweida und Wilhelm Kaisen auf der SPD-Parteischule in Berlin kennenlernten, heirateten sie. Kaisen war im Ersten Weltkrieg als Unteroffizier in Flandern stationiert. Die Vermählung erfolgte während eines kurzen Fronturlaubs am 1. Mai 1916. Die anschließende Hochzeitsreise führte zu Fuß nach Worpswede. Bei einem Zwischenstopp in Lilienthal am 3. Mai 1916 besuchte das Paar das Fotogeschäft Julius Frank und ließ sich dort porträtieren.
Nach dem frühen Tod des Vaters Henry im Jahr 1931 führte sein Sohn Julius das Geschäft weiter. Er flüchtete 1936 unter dem Druck des NS-Regimes in die USA und starb dort im Jahr 1959. 40 Jahre später suchte der Heimatverein Lilienthal Kontakt zur Familie Frank in Amerika. Diese stiftete den Nachlass Julius Frank mit vielen Fotomotiven und persönlichen Erinnerungsstücken an das Bremer Focke-Museum verwahrt wird. Dort war bis zum 19. März unter dem Titel „Julius Frank – eine jüdische Fotografenfamilie zwischen Deutschland und Amerika“ eine Sonderausstellung zu sehen.
Das „Hochzeitsportrait“ der Kaisens wurde im Haus der Kaisens über 100 Jahre im Originalzustand bewahrt. Das Passepartout mit dem eingeprägten Namen des jüdischen Fotoateliers hat Seltenheitswert. Das Bild befindet sich in der Dokumentationsstätte.