„Nachdem wir circa zwei Wochen im Haus wohnten (Mitte Dezember 1933), wurde unser Vater unruhig und war darauf bedacht, das nötige Vieh anzuschaffen. Unsere Mutter wollte ihn überreden, damit noch zu warten, aber er wollte diesen für uns ungewohnten Schritt wagen. So kaufte er für 100 Reichsmark die Kuh Zeeg (Ziege) vom Lingenschen Gut*; sie war gutmütig und fromm (wie man so sagt), schon sehr betagt und gab auch nur wenig Milch. Sie ließ geduldig die Melkversuche von uns Anfängern über sich ergehen. Es kam Stroh und Heu auf dem Boden, damit sie gut zu fressen hatte. Auch ein Schwein wurde angeschafft und im Laufe des Winters geschlachtet. Außerdem gab es noch den Hund Nelly, einen Dackel, der uns zugelaufen war und die Wintermonate bei uns blieb. Im Frühjahr hatte er wohl die Fährte zu seinem Herrn gefunden, jedenfalls verschwand er so plötzlich, wie er gekommen war.“
Aus: Ilse Kaisen, Unser Leben in Borgfeld
Wilhelm Kaisen hatte am 21. August 1933 eine Siedlerstelle in der Siedlung Katrepel erworben. Am 4. Dezember 1933 zog die Familie nach Borgfeld und zählte damit zu den ersten Bewohnern der neuen Siedlung.
Wir begleiten Familie Kaisen durch das erste Jahr vor 90 Jahren, erzählen von Fortschritten und Rückschlägen. Besonders die Landwirtschaft stellte die Städter vor große Herausforderungen, wie Ilse Kaisen in ihren Erinnerungen „Unser Leben in Borgfeld“ schildert. Das Buch ist in der Dokumentationsstätte erhältlich.
* Der 300 Morgen große Landsitz der Familie von Lingen/Lüderitz war Vorläufer der Siedlung Katrepel. Carl von Lingen verkaufte 1932 das gesamte Areal, von dem anschließend ein Teil in Siedlerstellen umgewandelt wurde.